„Im Zeichen des Drachen“ Die Celica Story von Michael Kolb.

Dokumentation Toyota Celica Liftback Turbo Gruppe 5 von 1977/78. Die Brüder Schnitzer, Ingenieur Josef „Sepp“ und Bruder Herbert, gründeten 1967 in Freilassing die Rennsportabteilung „Team Schnitzer“, spezialisiert auf BMW-Tuning. Schnitzer konnte zum Beispiel den Gewinn der Formel 2 Europameisterschaft 1975 mit Jacques Laffite für sich verbuchen.  Als man bei Schnitzer Ende 1976 Rallyetriebwerke für Werks-Toyota präsentierte, erkannte man die Eignung der 16-Ventiler für Aufladung durch Turbolader. Erste Gespräche wurden mit Ove Andersson Sport-Chef von Toyota Europe und Adolf Hüngsberg, Pressechef von Toyota Deutschland, geführt. Eine halbe Million veranschlagte man für die Saison 1977. Zuviel für Anderssons Sportetat. Nobuji Araki, Vizepräsident des Gesamtunternehmens sowie Präsident von Toyota Deutschland, sorgte für notwendige Mittel und gab Grünes Licht. Als Sponsor konnte Rodenstock aus Rosenheim gewonnen werden.

Die Konkurrenz war beachtlich mit Porsche 935, BMW E21 Jägermeister und Ford Capri Turbo Zakspeed, um nur einige Mitbewerber  nennen zu wollen. Während man bei Porsche einige Jahre für die Entwicklung von Turbos benötigte, lag das Zeitfenster bei Schnitzer bei ungefähr vier Monaten. Geplantes Debüt: 31. Juli 1977 – Großer Preis von Deutschland Hockenheim. Es gab keine echten Testfahrten, nur vor dem Rennen ein besseres Probesitzen mit Hindernissen. Aber der Termin wurde eingehalten. Das komplette Drama der ersten Saison schildert Harald Ertl in Rallye Racing 11/1977 

Quelle: TOYOTA REPORT 9/1977, Toyota Deutschland GmbH
Wir befinden uns in Freilassing, Landkreis Berchdesgadener Land, im Südosten Bayerns unweit der Grenze zu Österreich. Am 26. März 1977 trifft ein dunkelgrüner Celica Liftback bei BMW-Tuner Schnitzer in Freilassing ein.
Die ersten beiden Buchstaben des roten 04-Überführungskennzeichens Kennzeichens sind wegen Moire kaum zu identifizieren. CP oder LP? Es ist LF für den Altlandkreis Laufen – Danke an Florian Domani
Der dunkelgrüne Liftback wurde zerlegt und abgespeckt
Basiert der Gruppe5-Rennwagen auf einem ST Typ TA28 ?
Das Getrag-Getriebe ist bereits in den Rahmen eingepasst
Direkt am Fahrzeug modelliert man die strömungsgünstige Front
Ein zweiter Liftback kommt ins Spiel: Der weiße Liftback mit Kölner Zulassung dient zur Anpassung der Karosserieteile, während man beim grünen ST mit dem Einbau von Motor und Getriebe beschäftigt ist. Wie man anhand des Kennzeichens erkennt, wurde dieser von Toyota Deutschland zur Verfügung gestellt.
Die Verbreiterungen modellierte Schnitzer am weißen Liftback. In der Auto Motor und Sport 15/1977 ist ein weißer Liftback mit dunklem Dach und mit Sponsorenbeklebung abgebildet
Sepp Schnitzer und sein Chefmechaniker Paul Klinger passen den Motor ein. In welchen der beiden Liftbacks? Jedenfalls nicht in den weißen. Gab es doch zwei Autos? Ja und Nein. Es gab bzw. gibt noch das Original, das nach der Saison 1977 von Blau in Rot umlackiert wurde. Ich kann mich düster daran rinnern, dass ich vor ungefähr 40 Jahren ein Teamfoto in der Boxengasse mit zwei Fahrzeugen gesehen habe, Höchstwahrscheinlich gab es dieses zweite Modell, das nur als Ersatzteilträger für den Karosseriebausatz diente, um bei einem eventuellen Unfall beschädigte Teile schnell auswechseln zu können

Laut Auto Motor und Sport (16/1977) wurde ein 1421ccm Motor für die Division 2 gefertigt, der 380 PS leistete. Das Bestreben von Schnitzer war, alle Nebenaggregate wo weit wie möglich vom Motor fern zu halten. Der Wechsel des Triebwerks wurde mit 30 Minuten angegeben.

29. Juli 1977: Motoreinstellungen vor dem ersten Training. Laut Harald Ertl (rallye racing 11/77) baute Schnitzer zwei Motoren, wobei nicht bekannt ist, ob er den oben genannten 1421 ccm für die Division 2 meint, oder einen zweiten 2090 ccm Ersatzmotor für die Division1. Laut Auto Motor und Sport 16/1977 war das im Prinzip kein anderer Motor als die von Schnitzer präparierten BMW-Triebwerke.
Sponsoring: Rodenstock ist ein deutscher Hersteller für Brillengläser und Fassungen. Laut Auto Motor und Sport sponserte Rodenstock 10.000 DM pro Einsatz. Das Auto ist 20cm niedriger und 25cm kürzer als ein BMW 2002 und war das flachste Fahrzeug der damaligen Meisterschaft.

31. Juli 1977. Premiere auf dem Hockenheimring. Fahrer ist Harald Ertl. Er verliert mit der Celica pro Runde 25 Sekunden auf den führenden Porsche 925. Die Aufgabe erfolgt nach vier Runden. Später in Zolder liegt er nur noch 5 Sekunden hinter dem 935, aber Totalausfall folgt nach der dritten Runde wegen Motor-Totalschaden. Mit dem Zweit-Motor wurde der Toyota Vierter am Nürburgring hinter drei privaten Porsche 935. Der Gewinn in Zolder bei der Nicht-Meisterschafts-ADAC Trophy war der einzige Sieg des Fahrzeugs.

Technische Daten:

Karosserie: Länge: 4400 mm, Breite: 1980 mm, Höhe 1150 mm, Radstand: 2500 mm, Spurweite va: 1450 mm, Spurweite ha: 1573 mm, Wendekreis: 12,5 m, Gewicht: 860 kg, Tankinhalt: 120 Liter

Fahrwerk: va: Einzelradaufhängung mit Federbeinen und Stabilisatoren (McPherson), Bilstein Dämpfer, ZF-Zahnstangenlenkung. 2 Lenkradumdrehungen von Anschlag zu Anschlag, ha: Starrachse mit Schubstrebe, Wattgestänge, Bilstein Dämpfer, ATE Rennbremsen

Motor: Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt Reihenmotor, Hubraum 2090 ccm, Bohrung: 90mm, Hub: 82mm, Kugelfischer Renneinspritzung, 560 PS bei 8800 Umin, 54 mkp/6000 Umin, 1,4 atü Ladedruck, KKK Ladeluftrückkühlung (Turbolader), 5-Gang Getrag-Getriebe.

Die Hubraumerweiterung auf über 2 Liter ermöglichte den Start in der großen Division.

Felgen/Bereifung: BBS LM-Felgen va: 12×16 mit 275/600-16 Dunlop, ha: 14×16 mit 325/600-16 Dunlop,

Höchstgeschwindigkeit: bis zu 300 km/h je nach Übersetzung

Sponsoren:  Rodenstock, Castrol, RTL, Bosch, Shell, Bilstein, KKK

Für die Saison 1978 wurde das Fahrzeug in Rot umlackiert. Der Grund: Nun war auch Kathrein aus Rosenheim Hauptsponsor mit roter Erkennungsfarbe. Der Schriftzug KATHREIN verlief unter anderem auf den vorderen Kotflügeln. Kathrein war zeitweise größter Antennenhersteller der Welt. Rodenstock behielt seine „Brille“ am Frontspoiler und seitliche Schriftzüge. Der TOYOTA Schriftzug ist nun auf der Motorhaube anstatt auf der Windschutzscheibe. Fahrer ist neben Ertl auch Ralf Stommelen, der als bestes Resultat am 18. Juli 1978 einen achten Rang in Mainz-Finthen erreichte. Alle anderen Rennen waren durch Ausfälle oder hintere Plätze gekennzeichnet.

Renn-Toyota noch nicht ausgereift? Stelle man in Rallye Racing Juli 1978 die Frage und bezog sich auf das 1000-km-Rennen am Nürburgring vom 28. Mai 1978. Zunächst waren Ertl und Stommelen mit bis zu 310 km/h fast genauso schnell wie die Porsche 935 Turbo. Doch dann folgte ein „technischer Defekt“ und im zweiten Durchgang zwang ein gebrochener Kerzenstecker zum Abbruch. Das in zwei 500-km-Hälften geteilte Rennen gehörte den Porsche 935, die die ersten 5 Plätze belegten.
in Google/Bilder findet man verschiedene Aufnahmen
Dieses Bild der Reserve-Frontpartie findet man bei Instagram analyzer Gramho.com unter diversen Hashtags

Nach der Saison 1978 kümmerte sich Schnitzer wieder um BMW. Der Schnitzer BMW 320/80 hatte nahezu die identische Front wie der Toyota und auch der Sponsor Rodenstock blieb Schnitzer erhalten.

Auf dem Weg nach Zolder 1978 verunglückte Josef Schnitzer im Alter von 37 Jahren. Er verstarb zwei Wochen später an den Folgen des Unfalls

Verschiedene Quellen berichten, dass im Jahr 1979 das Fahrzeug nach Japan für die Fuji Super Silhouette Series gebracht worden ist. Er hieß nun TOM´S SCHNITZER (Tachi Oiwa Motor Sport)

In J´S Tipo Maker´s Album Nr 6 (Japan 1995) findet man dieses Kalenderblatt mit TOM´S SCHNITZER. Photo by Shogo Nakao. Sponsoren: Tokico Prodrag Motorsports, Checkman, Tamya, Dunlop. In Robert Longs Toyota Celica Buch „ 25 Years of Development and Motorsport“ findet man auf Seite 38 eine seitliche Schwarz-weiß Aufnahme mit dem Fahrer Nobuhide Tachi.
Laut en.wikipedia.org/wiki/Toyota_Celica_LB_Turbo wurde das Fahrzeug im Jahr 1981 an Trust verkauft, eine Marke von GReddy. Die Erfolge blieben bescheiden. 
1982 hatte der Turbo seinen finalen Auftritt in Tsukuba mit einem neunten Platz. Irgendwann nach dem Jahr 2000 wurde das Fahrzeug in Japan auf einem Schrottplatz im Trust-Farbschema gefunden.
https://vs-design.tumblr.com/post/33007263678/1982-toyota-celica-lb-turbo-trust-its-the
Surprise Surprise, Was für eine Überraschung. Internationale Prämierung für Toyota Celica Hockenheim am 18. Juni 1989. Auf einem Hänger steht der Schnitzer Celica Turbo im 1978er Sponsorendesign, aber ohne Motor. Das Auto gehörte Toyota Händler Lipp aus Rosenheim
Gerhard Lipp war ein im Motorsport engagierter Händler, der unter anderem mit einer Gruppe 2 Celica, Cup-Starlet und Gruppe 6 Rennwagen auf Rundkursen wie Nürburgring, Salzburgring und Flugplatzrennen in Erding bestritt. Hauptsponsor war ebenfalls Kathrein. Gerhard Lipp verstarb am 29. Februar 2020. R.I.P

Wie kann sich ein Auto gleichzeitig in Japan und Deutschland an zwei Orten befinden? Die Lösung: Wie bereits erwähnt, wurden bei Schnitzer zwei Karosserien angefertigt. Die originale Karosse ohne den verschwundenen Motor gehörte Lipp. Der möglicherweise fahrbare Ersatzteilträger, sowie der Original-Gruppe5-Motor waren ja spurlos aus Deutschland verschwunden. Ist Tom´s Schnitzer eventuell das Ersatzfahrzeug mit Gruppe 5 Motor?

Summary: The red one is the blue one painted in red-white for the Kathrein-sponsorship. This car stayed in Germany. Tom´s Schnitzer must be the body for spare, build simultaneous by Schnitzer. Maybe the original Turbo-engine is also sold to Japan. This enigma can only be solved by Tachi Oiwa Motor Sports.

Hello again. Als ich mit Hilfe des Autohaus Engel in Wunsiedel für das Magazin (Oldtimer) Markt 4/96 die „Schwachstellen Toyota Celica“ recherchierte, zeigte man mir den von Lipp aufgekauften Schnitzer. Der TOYOTA-Schriftzug wurde übermalt. Kratzt man am roten Lack, kommt das Blau der 77er Ur-Version zum Vorschein. Ein weiteres Foto siehe spiegel.de, Link unten.
Friedhelm Engel, unter anderem Maschinenbau Ingenieur mit Richtung Motorenbau ist Geschäftsführer der Firma Engel, seit 1976 verifizierter Toyota Händler. Er kaufte mehrere Toyota-Rennmotoren (152e) auf, um unter anderem den verschollenen Gruppe 5-Motor nachzubauen.
Die große Überraschung: Vor einigen Jahren bekam ich dieses Foto zugeschickt. Das Auto soll sich irgendwo in Nord-Ost-Bayern befunden haben. Der Schweller verfault, der Reifen platt. An Hand der Sponsorenbeklebung handelte es sich hier eindeutig um den Schnitzer. Da ich zur damaligen Zeit für Tuningcars.de unterwegs war, für Magazine wie Opel Flash, Porsche-, VW- und Audi Scene und so weiter arbeitete, hat es mich nicht weiter interessiert
Neuaufnahme der Recherchen am 14. Mai 2020 mit einem Besuch bei Friedhelm Engel. Das Fahrzeug soll kurz vor der Vollendung stehen. Leider bekam ich den aktuellen Stand nicht zu Gesicht. Fotografieren ist mir nicht erlaubt, da Friedhelm ein Buch über den Boliden schreiben möchte. Er kannte Ingenieur Klinger, sowie Gerhard Lipp persönlich und besitzt alle Unterlagen über Motor und Karosserieaufbau. Wenn überhaupt jemand die Dokumentation über Toyotas Gruppe 5 Boliden zu Ende bringen kann, dann Friedhelm Engel. Das gezeigte Bild ist der „Rodenstock“-Abschnitt des Wandgemäldes im Showroom des Autohaus Engel in Wunsiedel
Die Modellautos und Bausätze über den Gruppe 5 Liftback sind wahrscheinlich die bekanntesten Toyotas. Meinen Liftback hatte ich schon Mitte der 90er auf dem Siemens BS2000-Terminal stehen, als ich noch angestellter Programmierer war. Mittlerweile haben die kleinen Godzillas den Heckspoiler abgefressen.

Frans Gorselink vom TCC Nederland hat im Clubblad 15 (1990) einige Die Cast und Bausätze aufgelistet:

Die Cast: Blau, Taiwan S8001, 1:63

Blau, Novimex LDT. Macau 1:48

Blau, Spaanse „Guisval“ 1:43

Rot, Burago 1:24

Blau, Burago Italien, 1:24

Bausatz: Rot, Nichimo 1:24

Blau, Tamiya 1:24

Rot, Tamiya 1:20

Rot, Tamiya 1:12

Blau, Imai Japan 1:24

Weiß Shilouette Racer, Aoshima, 1:24

Rot, Tokyo Mariu, 1;24

Blau, Games Collection Italien, 1:50

verwendete Quellen:

TOYOTA REPORT 9/1977, 9/1979, Toyota Deutschland GmbH

Rallye Racing 11/1977 (online verfügbar via Zwischengas.com)

J`S Tipo Magazine Makers Album Nr 6 1995

Auto Motor und Sport 16/1977

automobile.fandom.com/wiki/Toyota_Celica_LB_Turbo

gramho.com/explore-hashtag/schnitzermotorsport

www.spiegel.de/auto/fahrkultur/toyota-sammlung-prachtstuecke-im-fichtelgebirge-a-663389.html

en.wikipedia.org/wiki/Toyota_Celica_LB_Turbo

de.wikipedia.org/wiki/Schnitzer_Motorsport

www.speedhunters.com/2009/02/retrospective_gt_gt_bigger_than_life_the_schnitzer_celica_turbo/

www.pinterest.de/baamschui/project-celica/

drivetribe.com/p/toyota-celica-lb-turbo-RBlVYv9EQDmL5kCYE5pUrg?iid=ZUfawuaeRoeVElJX4v7QSQ

rallye-celica.com/celica-ra40/aufbau-ra4/motor-und-antrieb/

CeliNews Archiv

michael kolb für celinews.de ab Mai 2020